Ist der gut ausgebildete Flüchtling ein Mythos? “Wir hatten da drei”, so das Resümee der Ausbilder, die im Rahmen eines AMS-Kompetenzchecks 170 afghanische Männer betreut haben. Die “Krone” war beim Abschlusstermin. Fazit: Die Integration in den Arbeitsmarkt wird eine jahrelange Bewährungsprobe.
Sie haben einen langen Weg hinter sich und sind motiviert. Für den heimischen Arbeitsmarkt sind sie aber vorerst einmal schwierig. “Da sind Teppichknüpfer, Teehändler oder Goldschmiede, das ist nicht gefragt”, erklärt Ernst Traindt, Bereichsleiter Berufsbildung im Ausbildungszentrum BPI. “Von 170 betreuten Flüchtlingen gehörten drei zu jenen gut gebildeten, von denen man aus Medien hört”, so Fachtrainerin Julia Kemp. “Viele geben an, Fliesenleger oder Maler zu sein. Nachweisen kann man nichts, da keine Dokumente vorhanden sind.”
Check geht weiter - nach Geschlechtern getrennt
Etwaige mitgebrachte Fertigkeiten entsprechen nicht dem österreichischen Niveau, die Mehrheit hat keine Schule besucht. Man muss bei null anfangen: Jahre fürs Deutschlernen, Pflichtschulabschluss nachholen und auf Lehre oder Arbeit hoffen. Im BPI in der Längenfeldgasse konnte man den meisten etwas davon vermitteln, freuen sich Traindt und Kemp. 2016 geht der Check weiter - samt der umstrittenen Trennung nach Geschlechtern.
Der 19-jährige Hirte Hassain holte in den vergangenen drei Jahren in Wien die Pflichtschule nach und lernt Deutsch. Er ist dankbar. Ab Februar hat man eine Lehre als Glasbautechniker für ihn gefunden. Der 19-jährige Ahmad spricht nach fünf Jahren perfekt Deutsch: “Seit fünf Jahren bin ich in Wien. Im Kurs habe ich wenig gelernt, das meiste durch Freunde. Der Traum vom Straßenbahnfahrer ist geplatzt. Jetzt will ich Elektromechaniker werden.”
“Bildung der Afghanen deutlich niedriger als die der Syrer”
Am 12. Jänner veröffentlicht das Arbeitsmarktservice die Gesamtergebnisse. “Die Bildung der Afghanen ist deutlich niedriger als die der Syrer”, betont AMS-Sprecher Sebastian Paulick hinsichtlich des ernüchternden Zwischenstands am BPI. Zum 31. Dezember waren in Wien 4454 Syrer und 3325 Afghanen als arbeitslos vorgemerkt.