Ein Stadtteil für Flüchtlinge

Unterkünfte: Senat plant die Unterbringung von 7.000 Menschen auf dem Ex-Flughafengelände. Eine 4.500 Quadratmeter große Schule.

Eine 4.500 Quadratmeter große Schule, zwei Sporthallen à rund 2.400 Quadratmeter, ein Fußballfeld mit Tribüne, Sportplätze, Werkstätten, ein Job-Center, Großküche und Lagerfläche, dazu Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete – nach den öffentlich einsehbaren Planungen des Berliner Senats sollen Unterkünfte für bis zu 7.000 Menschen auf dem Tempelhofer Feld gebaut werden. Angelika Schöttler (SPD), Bürgermeisterin in Tempelhof-Schöneberg, erwartet, dass hier ein ganzer Stadtteil für Flüchtlinge entsteht. Vorgesehen ist, neben den bereits bestehenden sieben Hangars im Flughafengebäude weitere fünf Hallen auf den befestigten Flächen des Vorplatzes zu errichten. Für die Idee des Senats muss in jedem Fall das „Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes“ geändert werden. Dieses beinhaltet nach dem Volksentscheid von 2014, dass eine Bebauung der Mega-Brache verboten ist. Im Tempelhof-Schöneberger Bezirksamt gehen die Meinungen über die Pläne des Senats weit auseinander.

Infrastruktur schaffen

Angelika Schöttler zeigt sich offen gegenüber der Idee, ein Flüchtlingsdorf auf dem Tempelhofer Feld zu errichten. Dazu benötige es jedoch ein umfassendes Konzept und Infrastruktur. „Es darf nicht nur darum gehen, Betten und Duschen zu organisieren. Wir müssen bei der Unterbringung von Flüchtlingen auch auf lange Sicht denken.“ Bleibt es dann bei der Bezeichnung „Notunterkunft“ für das geplante Flüchtlingsdorf? „Ja“, antwortet Schöttler. Sobald die Menschen eine Perspektive haben, sollen sie an andere Orte ziehen. Doch zuvor solle es aus ihrer Sicht dort Freizeitangebote und Deutschkurse geben, Ausflüge sollen durch Ehrenamtliche organisiert werden. „Es ist wichtig, dass es nicht zu Langeweile kommt.“ Die Änderung des Tempelhof-Gesetzes, die ihr Parteikollege Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin, gefordert hatte, befürworte sie – jedoch nur zum Zweck der Flüchtlingsunterbringung und auf befristete Zeit. Der befristeten Änderung des Gesetzes sieht Sibyll Klotz (Grüne), Sozialstadträtin in Tempelhof-Schöneberg, skeptisch entgegen. „Ich bin misstrauisch, dass die Gesetzesänderung vom Senat als Dauerlösung genutzt wird“, erklärt sie auf Nachfrage des Berliner Abendblattes. Im Gegensatz zu Angelika Schöttler halte sie außerdem gar nicht von der Idee des Flüchtlingsdorfes. „Ich finde solche extrem großen Einrichtungen aus verschiedenen Gründen problematisch.“ Schon bei der jetzigen Besetzung mit rund 2.000 Flüchtlingen habe sich gezeigt, dass Probleme auftreten. „Ich bin mehr als skeptisch, dass es dem Senat gelingt, die Infrastruktur, die man in einer Stadt benötigt, zu schaffen. Auch wenn wir bei der medizinischen Versorgung und der hygienischen Ausstattung ein gutes Stück vorangekommen sind.“

Nur unter sich

Susanna Kahlefeld (ebenfalls Grüne), Abgeordnete aus dem Nachbarbezirk Neukölln und Sprecherin für Partizipation und Gleichbehandlung von Migranten in ihrer Fraktion, bezweifelt gelungene Integration in diesem Projekt: „Wir lehnen die massive Konzentration von Menschen in einem Flüchtlingsdorf ab. Dort wären die Menschen ausschließlich unter sich. Schon die Unterbringung in den Hangars ist schlecht organisiert, die meisten Aufgaben erledigen Ehrenamtliche.“ Kahlefeld sieht eindeutig Uneinigkeit innerhalb der Reihen des Senats: „Staatssekretär Christian Gaebler spricht von einer provisorischen Notunterkunft, doch die konkreten Pläne vermitteln einen anderen Eindruck. Es gibt immer noch etliche leer stehende Immobilien, wo eine Unterbringung möglich wäre.“

Sara Klinke / Bild: imago/snapshot

Quelle: Ein Stadtteil für Flüchtlinge

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