Großer Schaden: Viel teurer als die geborstene Scheibe kommt das verzogene Dach. Es läuft auf einen Totalschaden bei dem Passat hinaus, sagen Sajo Besic und seine Frau Vanessa.
(© Bernhard Preuß)
Bad Salzuflen. Der Unfall ereignet sich auf der Biemser Straße: Sajo Besic ist gerade auf dem Weg zur Arbeit, als ein Radfahrer die Vorfahrt missachtet. Den Zusammenstoß kann der 47-Jährige nicht verhindern. Der Radfahrer, ein 38-jähriger Flüchtling aus der Unterkunft Biemsen-Ahmsen, musste einige Tage im Krankenhaus behandelt werden. Eine Haftpflichtversicherung hat er nicht.
Somit bleibt Sajo Besic auf dem Sachschaden von knapp 8.000 Euro sitzen. Und das, obwohl er keine Schuld an dem Zusammenprall hat. Weder Stadt noch Kreis übernehmen in diesem Fall die Verantwortung, denn eine Versicherungspflicht für Asylbewerber gibt es nicht.
„Für uns ist das extrem bitter. Wir haben uns vor knapp einem Jahr selbstständig gemacht und können eine solche Summe nicht stemmen. Das gefährdet unsere Existenz”, sagt Ehefrau Vanessa Besic-Vogt.
In ihrer Verzweiflung hat sich die 35-Jährige an die Stadt Bad Salzuflen gewandt, denn diese ist für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge in ihrem Gebiet verantwortlich. Das persönliche Gespräch mit Bürgermeister Roland Thomas verlief für Vanessa Besic-Vogt jedoch enttäuschend. „Er konnte mich nur vertrösten und sagen, dass die Stadt mir nicht helfen könne. Aber wer trägt dann die Verantwortung?”, fragt die 35-Jährige.
Auf Nachfrage der LZ äußert sich der Pressesprecher Hans Hofste: „Es gibt keine Regelung, die uns als Stadt dazu verpflichtet, Flüchtlinge zu versichern. Es sind Menschen, die untergebracht und verpflegt werden müssen – das ist unsere Aufgabe.” Bei an die 800 Flüchtlingen in Bad Salzuflen seien zusätzliche Versicherungsmaßnahmen als freiwillige Leistung der Stadt nicht realisierbar. „Wir müssen auf den Haushalt achten”, fügt Hofste hinzu.
Auch Tabea Beer, Leiterin der Notunterkunft Adenauerstraße in Detmold, ist die Problematik bekannt. „Bisher ist keine flächendeckende Regelung getroffen worden. Daher sind die meisten Flüchtlinge gerade in den ersten Monaten im Land nicht versichert”, sagt Beer.
Für das Ehepaar Besic-Vogt stehen die Chancen daher schlecht, finanzielle Unterstützung in ihrem Fall zu bekommen. „Wir haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet, aber der hat uns auch keine großen Hoffnungen gemacht”, sagt Vanessa Besic-Vogt.
Der Frust des Ehepaares richtet sich vor allem gegen die Behörden: „Es ist klar, dass Asylbewerber sich nicht selbst um Versicherungen kümmern können. Daher muss der Staat doch Verantwortung übernehmen!”
Die rechtliche Situation
Die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind nicht haftpflichtversichert. Mittlerweile gibt es zwar einige Anbieter in der Versicherungsbranche, die Kommunen günstige Gruppenverträge für drei bis fünf Euro pro Asylbewerber anbieten, genutzt werden diese in Lippe jedoch nicht, weiß Thomas Lenninger vom Fachbereich Soziales der Stadt Lemgo.
„Das hat vor allem etwas mit Gleichbehandlung zu tun. Wenn wir mit Flüchtlingen anfangen, müssten wir diesen Service auch anderen Gruppen wie Hartz-4-Empfängern bieten”, sagt Lenninger. Die bayrische Gemeinde Fischbachau beispielsweise hat aber einen Sammelvertrag abgeschlossen. Sachsen hat sich gegen ein solches Angebot entschieden. Auch im Rest von NRW gibt es bislang keine Verträge dieser Art. Die Idee ist umstritten.
Kritiker sehen darin eine Besserstellung von Flüchtlingen gegenüber anderen Bevölkerungsteilen, die sich eine Versicherung nicht leisten können. Nach Angaben des statistischen Bundesamts sind 15 Prozent der Deutschen nicht haftpflichtversichert.Beschädigt ein Mensch ohne Haftpflichtversicherung Eigentum eines anderen, muss er privat für die Kosten aufkommen. Allerdings nicht, wenn der Verursacher der Schäden mittellos ist. Der Geschädigte bleibt dann auf seinen Kosten sitzen.
Kommentar: Versicherung für Integration
von Janet König
Die meisten Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind nicht haftpflichtversichert. Mittlerweile gibt es zwar einige Anbieter in der Versicherungsbranche, die Kommunen günstige Gruppenverträge für drei bis fünf Euro pro Asylbewerber anbieten, genutzt werden diese in Lippe jedoch nicht, weiß Thomas Lenninger vom Fachbereich Soziales der Stadt Lemgo.
„Das hat vor allem etwas mit Gleichbehandlung zu tun. Wenn wir mit Flüchtlingen anfangen, müssten wir diesen Service auch anderen Gruppen wie Hartz-4-Empfängern bieten”, sagt Lenninger. Die bayrische Gemeinde Fischbachau beispielsweise hat aber einen Sammelvertrag abgeschlossen. Sachsen hat sich gegen ein solches Angebot entschieden. Auch im Rest von NRW gibt es bislang keine Verträge dieser Art.
Die Idee ist umstritten. Kritiker sehen darin eine Besserstellung von Flüchtlingen gegenüber anderen Bevölkerungsteilen, die sich eine Versicherung nicht leisten können. Nach Angaben des statistischen Bundesamts sind 15 Prozent der Deutschen nicht haftpflichtversichert.
Beschädigt ein Mensch ohne Haftpflichtversicherung Eigentum eines anderen, muss er privat für die Kosten aufkommen. Allerdings nicht, wenn der Verursacher der Schäden mittellos ist. Der Geschädigte bleibt dann auf seinen Kosten sitzen.
Quelle: Ehepaar bleibt auf Totalschaden sitzen | LZ.de - Flüchtlinge in Lippe
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