Das Verwaltungsgericht hat angeordnet, dass die Haft des Mannes vorerst unterbrochen wird.
(Bild: Kanton ZH)
Sechs Strafbefehle liegen gegen einen Mann aus Afrika vor. Die verhängten Freiheitsstrafen summieren sich auf fast 500 Tage. Trotzdem kommt er nun frei – vorerst.
Seit rund 14 Jahren lebt der Mann aus Afrika in der Schweiz. Er wurde verschiedentlich, unter anderem wegen Sachbeschädigung und Drohung gegen Beamte, verurteilt. Das kantonale Migrationsamt ordnete am 23. Juli 2014 schliesslich an, dass er die Stadt Zürich während zweier Jahre nicht betreten dürfe.
An dieses Verbot hielt sich der Mann nicht. Von Dezember 2014 bis Mai 2015 wurde er immer wieder in der Stadt Zürich erwischt. Die Folge: Ihm wurden sechs Strafbefehle eröffnet. Gemäss Akten wurden ihm diese mündlich mitgeteilt und sogleich schriftlich ausgehändigt.
Ende Mai 2015 kam der Mann schliesslich ins Flughafengefängnis. Die verschiedenen Strafbefehle, gegen die er nicht rekurriert hatte, ergaben zusammen eine Freiheitsstrafe von insgesamt 495 Tagen oder 16,5 Monaten.
Nun wird er aber wieder freikommen: Der Vollzug der Strafe wird unterbrochen. Das entschied das Zürcher Verwaltungsgericht, nachdem das Bundesgericht eine Neubeurteilung des Falls verlangt hatte.
Er spricht Lingala und Französisch
Der Unterbruch gilt gemäss des am Dienstag im Internet veröffentlichten Urteils mindestens so lange bis feststeht, ob der Mann überhaupt schuldfähig ist oder nicht.
Daran bestehen nämlich Zweifel, hielt das Bundesgericht in seinem Urteil vom 2. März fest. Der Mann spricht die in Zentralafrika verbreitete Sprache Lingala und ist des Französischen mächtig. Wie es sich mit der deutschen Sprache verhält, steht gemäss Urteil «nicht abschliessend und zweifelsfrei» fest.
Zudem gibt es Hinweise auf psychische Probleme und teilweise übermässigen Alkoholkonsum. Dem Mann wird auch «eine Minderintelligenz» zugeschrieben: Sein Intelligenzquotient liegt bei knapp 60.
Warten auf ein Gutachten
Aus diesem Grund hatte auch das Bezirksgericht Zürich im vergangenen Juni in einem anderen - dem siebten - Verfahren den Fall an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Dies verbunden mit dem Auftrag, ein Gutachten über den Mann einzuholen.
Der mehrmals rechtskräftig Verurteilte dürfte sich «in den Strafbefehlsverfahren nicht zurechtgefunden haben», schrieb auch das Bundesgericht. Auf Grund der sprachlichen und insbesondere intellektuellen Defizite müsse davon ausgegangen werden, dass er die Tragweite der ausgesprochenen Wegweisung und der Strafbefehle gar nicht verstanden habe.
Sollte sich die vom Bundesgericht geäusserte Vermutung bestätigen, dass der Mann schuldunfähig ist, würde er «zu Unrecht seine Strafen verbüssen», schreibt nun das Verwaltungsgericht. Um einer Haft vorzubeugen, die am Ende nicht gerechtfertigt ist, sei diese nun zu unterbrechen.
Quelle: http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Verurteilter-kommt-frei-weil-er-zu-wenig-verstand-15132339
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