Türkei-Deal steht: Kriminologe warnt vor „Welle an Armutszuwanderung“

EU, Türkei-Deal, Flüchtlinge

dpa
Einigung in Brüssel: Der Flüchtlingspakt mit der Türkei steht. Doch der Preis, den die EU dafür zahlen muss, ist hoch. Kriminologe Christian Pfeiffer kritisiert die angekündigte Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger. Er warnt vor den Folgen: Das Ziel war, die Flüchtlinge zu reduzieren - doch der Schuss könnte nach hinten losgehen.

Es ist ein verlockendes Angebot, das der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu der EU am Montag gemacht hat. So verlockend, dass die Regierungschefs der europäischen Länder es am frühen Freitagabend zum Ende des Brüsseler Gipfels tatsächlich annahmen.

Ankara nimmt ab Sonntag alle neu auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurück, wie Angela Merkel bekanntgab. Die illegale Einwanderung aus der Türkei wäre gestoppt. Im Gegenzug soll die EU für jeden so abgeschobenen Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalem Wege einreisen lassen.

„Dass die EU sich darauf einlässt, ist eine Riesen-Dummheit“

Doch das ist nicht die einzige Forderung, die Ankara stellte und die nun erfüllt wird. So soll unter anderem auch der Visa-Zwang für türkische Bürger fallen, wenn Ankara alle 72 dafür festgeschriebenen Kriterien erfüllt.

Genau davor warnt der Kriminologe Christian Pfeiffer. „Dass die EU sich darauf einlässt, ist eine Riesen-Dummheit“, sagt er zu FOCUS Online. „Wenn für türkische Staatsbürger ab Juni die Visa-Freiheit gilt, dann bekommen wir eine Welle an illegaler Armutszuwanderung, die wir nicht kontrollieren können.“

Kriminologe Pfeiffer hält den EU-Türkei-Deal für gefährlich

Den Türkei-Deal, den die EU-Chefs nun eingingen, hält er für gefährlich. „Reisefreiheit zu gewähren, ist ein großer Fehler. Da holen wir uns wesentlich mehr Wirtschaftsflüchtlinge ins Land als wir uns jetzt auf der anderen Seite mit Hilfe der Türkei fernhalten wollen.“

Derzeit müssen Türken noch einen aufwendigen Prozess durchlaufen, um ein Visum für die EU zu bekommen. Die Befürchtung des früheren Direktors des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen: Dass armutsgeplagte, türkische Bürger ihre Kurzzeitvisa, mit denen sie sich 90 Tage im Schengen-Raum aufhalten dürften, ausnutzen, um sich dauerhaft in einem EU-Land niederzulassen.

Viele armutsgeplagte Türken könnten ohne Visum nach Deutschland fliehen

„Vielen Türken geht es schlecht“, sagt Pfeiffer. Er selbst habe bereits eine Armutssiedlung rund um Istanbul besichtigt. „Die Zustände dort entsprachen denen der Favelas in Südamerika.“ Er könne sich gut vorstellen, dass die Menschen dort ihr letztes Geld zusammenkratzen könnten, um nach Europa zu reisen und etwa in Deutschland Fuß zu fassen.

Für viele Kurden gelte das ebenfalls. Sie müssen in der Türkei Repressalien ertragen und werden mittlerweile auch vom Militär angegriffen. Der Kriminologe vermutet, dass dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan das Abkommen besonders gefallen dürfte. „Mit der Visa-Freiheit wird Erdogan so gleich zwei Gruppen los, mit denen er nicht viel anfange kann“, sagt Pfeiffer: Die Armen und die Kurden.

EU-Türkei-Deal ist ein „Schildbürgerstreich besonderer Art“

Ein „Schildbürgerstreich besonderer Art“ ist der EU-Türkei-Deal mit der Gewährung der Visa-Freiheit laut Pfeiffer. „Es wird erzählt, dass die EU durch Verhandlungen mit der Türkei den Flüchtlingszustrom reduzieren will. Aber gleichzeitig soll die Tür geöffnet werden für eine Vielzahl an Türken, die in ihrem Land in Armut leben.“

Ab Juni würden die türkischen Bürger im Unterschied zu Flüchtlingen nicht an der Grenze registriert, weil sie quasi ganz normale Urlaubsbesucher seien, so Pfeiffer. Dass alle von ihnen auch nach Ablauf des Visums wieder das Land verlassen, glaubt er nicht.

 Stattdessen befürchtet der Kriminologe, dass viele ihre Chancen auf dem Schwarzmarkt suchen würden. Die Pflicht, Integrations- oder Sprachkurse zu besuchen, gebe es für sie nicht. „Die Menschen würden hier leben, ohne dass wir sie integrieren können“, sagt Pfeiffer.

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